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Reichweite bedeutet viel, aber nicht alles. Ein Statement.

Besondere Zeiten, besondere Schreibzyklen

Ich gebe zu, ich bin etwas schreibfaul geworden. In letzter Zeit jedenfalls. Na ja! 1,5 Jahre ohne Blog, das ist weniger schreibfaul als vielmehr ein Hochrisikofaktor für das organische Ranking. Meinte eine Kollegin. Stimmt! Wusste ich, rechnete ich mit.

Manchmal ist die Wirklichkeit wichtiger als Kennzahlen

Kundenbesuche, Seitenaufrufe, Verweil- und Bloglesedauer, diese Kennzahlen waren mir zu dieser Zeit relativ gleichgültig. Auch, dass meine Seite bei Google Analytics abrauscht. Dann machen eben die anderen Wissens-Transfer-Schreiber und Tippgeber den Kampf um die besten Plätze unter sich aus. Ich musste mich dem zweckorientierten Treiben im Content-Produktions-Universum einfach mal entziehen.

Multi-Channel-Meinungsbildner und der Kampf um die eigene Haltung

Eine Audience aufzubauen, war nie mein erklärtes Hauptziel. Klar, ist das blauäugig, Blogs einfach so, aus Freude an diesem kreativen Format zu verfassen, mit der Hoffnung, vielleicht doch ein paar Leser mit Wiederkehrambitionen zu finden. Das Prinzip Zufall empfiehlt sich nicht unbedingt als Multiplikator und Reichweitentreiber. Wofür gibt es denn Social-Media-Selling Strategien und Plattformen? Meine Schreibpause – Freunde meinten, es sei mehr eine Krise als eine Pause, falsch! – legte ich ein, als das „Disruptions-Syndrom“ Corona zu globaler Höchstform auflief. Als in der Folge dessen Meinungsbildner die Medienlandschaft fluteten und Social-Media-Kanäle, Foren und Blogs zum Paralleluniversum von Wissenschaft, Politik und Ratgeberkultur mutierten.

Content frei von Leadgenerierungsansprüchen

Nicht nur mir schwirrte der Kopf vor so viel Vielfalt. Mir persönlich verschlug es zunächst die Sprache. Ich musste mich erst einmal sortieren, zu einer Haltung der praktischen Vernunft finden. Von jetzt auf gleich auf ein neues, möglichst systemrelevantes Mindset umzuschalten, das brauchte Gewöhnungs- und Übungszeit. Da hatte ich keinen Kopf fürs Kreative und Schreibgeschäft. Für viele gerade Freischaffende ging es um mehr als Social Distancing und Regelkonformität. Für sie ging es ums Überleben, weil Aufträge wegbrachen, Projekte und Budgets verschoben und gecancelt wurden. An Investitions- und Planungsfreude war kaum zu denken.

New Normal zwischen Sci-Fi und Gemeinwohl

Wer es besser erwischte, der durfte im Homeoffice seinem Business weiter nachgehen. Manche, wahrscheinlich die Wenigsten, beflügelte das zu neuen Ideen und Kreativität. Andere, besonders die Interaktions- und Kommunikationsfreudigen, litten an der Eindimensionalität der Plattform-Kommunikation. Diverse Stimmungsschwankungen waren auch bei mir an der Tagesordnung. Bei all dem New Normal beschlich mich hin und wieder ein Gefühl exterritorialer Wirklichkeit. Besonders, was die Diskussions- und Meinungskultur in Foren, Qualitäts- und Leitmedien betrifft. Ein harter Cut, der zwischen Eigen- bzw. partikularen Interessen und dem Gemeinwohl verläuft. Kein Sowohl als auch, mehr Konfrontation und Polarisierung.

Mindset-Building zwischen Rework, Canvas Modeling und Zoon Politikon

Ich habe viel gelesen in dieser Zeit des verordneten Rückzugs und den gesamtgesellschaftlichen Dialog intensiv verfolgt. Ich sah mich mehr in der Rolle des „Zoon Politikon“ (Aristoteles) als der des Kreativen. Vieles, was in der Hochphase der Pandemie an Regularien und Rechtsprechungen erlassen wurden, schien mir gegen ein freiheitliches, demokratisches Grundverständnis gebürstet zu sein. Doch Ärger hilft nicht weiter. Also zog ich Schriften zur Staats- und Gesellschaftstheorie zwecks Meinungsbildung heran – ja, so etwas habe ich tatsächlich in meiner Büchersammlung, und ja, so etwas lese ich hin und wieder. Die Lektüre half mir, die Situation als Mensch und als "politischer Bürger" (Rousseau) differenzierter zu betrachten und zu bewerten.

Repositionierung in eigener Sache

Meine Blogproduktionshemmung war damit zwar nicht gelöst. Doch konnte ich entspannter mit der Situation umgehen. Und einen neuen Schwerpunkt legen, – auf Veränderung. Wenn die neue Wirklichkeit (Covid-19) sich dem Status Quo querstellt, ist es die beste Zeit für einen „Rework“. Dieses besondere Business Book,  ja auch in meiner Sammlung, zog ich heran, um zu überdenken, was ich tue. Kombiniert mit einem Canvas Modeling in eigener Sache, was durchaus erhellend und erfrischend war. Das Finetuning läuft noch. Eine kreative Schreibpause einzulegen, wenn es einem die Sprache verschlägt, ist kein Drama, sondern Teil eines Bewusstwerdungs- und Klärungsprozesses in außergewöhnlichen Situationen. Wie schrieb Ludwig Wittgenstein in seinem berühmten Traktat: „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Für eine Zeit lang habe ich das beherzigt.

Nota bene

Im strategisch-kreativen Prozess des Sprach-Engineerings modelliere ich aus dem Rohstoff des Selbstverständnisses eines Unternehmens die Identität der Corporate Communication. Workshops, Interviews, Audits sind einige der Instrumente, die ich einsetze.

Bildquelle: iStockphoto

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Über den autor

Klaus E. Jopp ist PR-Fachmann, Content-Produzent, Buchautor und Blogger. Er berät Marken und Branchen in den Bereichen Marketing, Kommunikation und Vertrieb. Trends, Hypes und Gegentrends sind einige der Schwerpunktheme seiner blogthoughts.